Ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege

24.05.2017 Carolin Steimer

Eine Expertin klärt auf

Silias Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege bei der Stadtarchäologie Paderborn neigt sich leider dem Ende zu. Hier lässt sie diese Zeit noch einmal Revue passieren und uns an den vielen Erlebnissen und Eindrücken teilhaben.

Da mein Jahr hier langsam zu Ende geht, möchte ich euch gerne erzählen, was ich bisher alles gemacht habe.

Ich mache momentan noch ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege. Ein Freiwilliges Jahr ist ein meist 12 Monate andauernder Dienst (nicht unähnlich dem Bundesfreiwilligen Dienst). Es kann in den Bereichen Sozial, Kulturell, Ökologie und Denkmalpflege abgeleistet werden. Das freiwillige Jahr läuft über einen Träger (z.B. das roten Kreuz oder in meinem Fall über die IJGD). Dieser Träger bietet verschiedene Einsatzstellen an, in denen die FJDler schließlich arbeiten (bspw. Krankenhäuser). Die Einsatzstellen sind, je nach Bereich des FJD,  unterschiedlich. In der Denkmalpflege kann man u.a. als Restaurator, Archäologe oder im Archiv arbeiten.

Meine Einsatzstelle ist die Stadtarchäologie Paderborn, bei der ich seit dem 1. September 2016 arbeite. Schon am ersten Tag meines FSJ habe ich aktiv auf der Grabung mitgearbeitet. Zuerst habe ich „nur“ ganz normal gegraben, aber mit der Zeit konnte ich immer mehr Aufgaben übernehmen. Doch auch das Graben war, und ist immer noch, sehr spannend. Grade am Anfang hatte ich das Glück an einer Stelle zu arbeiten, bei der viele Funde herauskamen. Da war u.a. Glas, Feuerstein, Keramik und auch Tierknochen. Doch nicht überall sind so viele Funde vorhanden wie dort.

Wenn man sich eine Grabung in Paderborn ansieht, kann es auf den ersten Blick enttäuschend aussehen. Nur jede Menge Löcher im Boden, manchmal auch ein paar Mauern. Doch das eigentlich Wichtige sind dunkle Verfärbungen im Boden. Diese Verfärbungen deuten auf sogenannte „Gruben“ hin. Diese Gruben sind die Überreste der Häuser. Da diese Häuser meistens aus Holz waren, ist von ihnen selbst nicht viel übrig geblieben. Allerdings waren ein Paar dieser Häuser in den Boden eingetieft, so dass nun die anders verfüllten Löcher im Boden geblieben sind.

Diese werden entweder geschnitten oder negativ ausgenommen. Beim Schneiden geht es darum, ein „Profil“ zu bekommen, durch welches deutlich wird, wie die Grube verläuft. Beim negativen Ausnehmen wird alles von der Verfüllung entfernt, so dass gesehen werden kann, wie die Grube früher aussah, als noch ein Haus darüber stand.

Natürlich können die Gruben dann nicht so stehen gelassen werden, sondern müssen dokumentiert werden. Dazu werden die Befunde fotografiert, gezeichnet, beschrieben und ein- gemessen. So für die Nachwelt festgehalten können die Befunde schließlich weggebaggert werden, um zum Beispiel Wohnhäuser entstehen zu lassen.

 

Freilegung der Gruben mit dem Bagger

Ich persönlich bin meistens Montag bis Donnerstag auf der Grabung und dann am Freitag im Büro, wo ich die Dokumentation in ein Programm eintrage. Auch Funde habe ich schon gewaschen und gezeichnet.

Da die Stadtarchäologie in Paderborn zum Museum in der Kaiserpfalz gehört, habe ich auch dort schon beim Aufbauen der Kunstausstellungen geholfen.

Wenn ich auf Grabung bin, helfe ich überall mit. Neben dem Graben habe ich u.a. gelernt, mit einem Nivelliergerät und einem Tachymeter umzugehen. Auch gezeichnet habe ich schon. Zuerst eine Mauer, die aus (welche Überraschung!) aus vielen kleinen Steinen besteht, die alle gezeichnet werden wollen, aber dann in der Zeichnung einfach nicht passen. Es war eine gute Möglichkeit, die Vorzüge des technischen Fortschritts wieder neu schätzen zu lernen, da es auch die Möglichkeit gibt, einfach Entzerrungsfotos statt Zeichnungen zu machen. Zu meinem Bedauern kann diese Technik nicht angewandt werden, wenn es zu dunkel für die Kamera ist.

Oft fragen auch vorbeilaufende Passanten was wir hier im Moment ausgraben und ob wir schon was gefunden hätten. Dann gibt man gerne Auskunft. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich den Passanten immer ausführlichere Antworten geben konnte.

 

 

Freilegung eines fast komplett erhaltenen Fundes

Zum FJD gehört aber auch noch mehr als der normale Arbeitsalltag. Wir haben zusätzlich zur der normalen Arbeitszeit sechs Seminarwochen. Im Moment haben bereits vier stattgefunden. In diesen Seminarwochen treffen sich alle FJDler aus der Jugendbauhütte Westfalen, die in diesem Jahr dort arbeiten. So können wir uns austauschen und auch etwas über die anderen Einsatzstellen erfahren.

Das erste Seminar war ziemlich am Anfang des FSJ, ein Einführungsseminar. Dazu sind wir nach Soest gefahren. In dem Seminar ging es darum die anderen FJDler kennenzulernen und um unsere Rechte und Pflichten. Wie man dem Thema entnehmen kann, ist das hier jetzt vielleicht nicht ganz so spannend zu erklären, aber für uns Freiwillige war dieses Seminar durchaus sehr interessant, da viele grade erst aus der Schule kommen und sich nicht so gut auskennen, was das betrifft.

Im zweiten Seminar wurde es praktischer. In diesem Seminar stand das Arbeiten mit Stein auf dem Programm. Zu diesem Seminar kam ein Steinmetz zu uns und hat uns gezeigt, wie man mit  Hammer und Meißel umgeht. Wir haben zu diesem Anlass das Thema Gesichter gehabt und jeder hat seinen Stein irgendwie zu einem, oder mehreren Köpfen verarbeitet.

Außerdem durften wir uns in diesem Seminar auf der Kulturkonferenz präsentieren. Dazu sind wir mit unseren Steinen nach Bocholt gefahren und haben dort erzählt, was die Jugendbauhütte ist und was wir in unseren Einsatzstellen machen.

Das dritte Seminar widmete sich dem Thema Intarsien. Dort haben wir mit Intarsien  versehene Ordner hergestellt. Das bedeutete, dass wir nur wenige Millimeterdicke Holzplatten hatten, die wir dann mit einem Cuttermesser ausgeschnitten und auf einer Holzplatte zusammengeleimt haben. Die Arbeit mit dem Holz war ganz anders als die mit dem Stein. Zuerst einmal konnte man in einer schönen warmen Werkstatt sitzen, aber auch die Verarbeitung war ganz anders. Da Holz eine sehr starke Maserung hat, ist es oft einfach entlang dieser gerissen und die ganze Arbeit der letzten Stunde war umsonst. Zudem mussten die einzelnen Arbeiten genau ineinander eingepasst werden. Da dies nicht immer so gut passte gab es glücklicherweise Kitt, den man in die Zwischenräume stopfen konnte.

Das letzte war das vierte Seminar. Dort haben wir nicht mehr mit Materialien gearbeitet, da dieses Seminar eines der beiden Projektseminare war. In den Projektseminaren wird, wie der Name schon sagt, gemeinsam an einem Projekt gearbeitet. Das Projekt in diesem Jahr ist das Schloss Senden, ein Schloss in der Nähe von Münster. In diesem Schloss wurden die zweite und die oberste Etage aufgeräumt. Zudem wurden Böcke aus Holz gebaut und ein alter Eiswagen in eine Spendenbox umfunktioniert. Außerdem wurde ein in der Nähe stehendes Fachwerkhaus vom Efeu befreit.

Was hier sehr gut gewesen ist, ist, dass die Aufgaben Variabel waren. So war es möglich (wenn derjenige wollte), alle Aufgaben einmal zu machen. Allerdings gab es auch die Möglichkeit, länger bei einer Aufgabe zu bleiben die einem Spaß machte.

An den Abenden war teilweise auch Programm. Ein Abend ist immer ein Themenabend. Dort wird eine Aktivität zu dem jeweiligen Seminarthema (z.B. Ökologisches Lernen) geplant. Der andere Abend ist ein Überraschungsabend. Dieser kann dann so aussehen, wie an dem Seminar im Dezember. Wir haben Kathedralen und Kirchen, mit allen stilistischen Baumerkmalen der jeweiligen gewählten Kirchenepoche, aus Keksen und Süßigkeiten gebeut. Eine davon mit einem Haufen Gummibärchen vor den Eingängen, die alle versuchen, in das mit Marshmallow ausgefüllte Gebäude zu kommen. Die Kathedrale von meiner Gruppe dagegen hatte eine wunderschöne Inneneinrichtung mit Altar und Kirchenbänken, leider trat dadurch das Problem auf, dass wir das geplante Dach nicht abstützen konnten. So blieb unsere wunderbare Kathedrale leider ohne ein Dach.

Zurückblickend kann ich sagen, dass mein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege ein sehr spannendes und ein sehr schönes Jahr war. Ich habe viel im fachlichen, aber auch im zwischenmenschlichen Bereich gelernt und mich während des Jahres weiterentwickelt.

 

Text: Silia Hennigfeld