Im vorletzten Beitrag unseres Blogs hatten wir von der Grabung im Paderborner Stadtteil Schloss Neuhaus berichtet, bei welcher unter einem modernen Pfarrhaus sowohl ein barockes Wohnhaus, als auch eisenzeitliche Siedlungsüberreste gefunden worden sind. Im Laufe März kamen auf dem Gelände erneut Zeugnisse früherer Zeiten zum Vorschein: Beim Aushub der Baugrube ist das Grabungsteam auf mehrere, gut erhaltene Baumstämme gestoßen. Der größte misst gut 8,5 m und weist (wie mehrere andere der freigelegten Stämme auch) zahlreiche Verästlungen auf. Der grabungsleitende Archäologe Till Lodemann, unter Fachaufsicht des LWL, hält ein Alter von ca. 13.000 Jahren für wahrscheinlich.
Die Grabung in Schloss Neuhaus, die dem Neubau des Pfarrhauses der katholischen Kirchengemeinde vorrangeht, sollte eigentlich schon Ende Februar zu einem Ende kommen. Wegen eines freigelegten Brunnens war es noch nötig die Ausgrabung bis zur Tiefe des anstehenden Mineralbodens fortzusetzen; bei diesem Schritt kamen überraschenderweise die Baumstämme zu Tage. Der Fund warf die Planung zum Abschluss zunächst einmal über den Haufen: Auf der Grabung wurden dringend weitere Grabungskräfte benötigt, um die vorzeitlichen Baumstämme freizulegen und zu bergen. Mit verstärktem Personaleinsatz legten die Archäolog:innen die übereinanderliegenden Hölzer in den Torfschichten frei, in welchen man auch noch Käferreste und Kiefernzapfen finden konnte.
Die atemberaubende Datierung der Baumüberreste ergibt sich aus einer vorhergegangenen geologischen Stratigrafieuntersuchung, welche der Geologische Dienst NRW vorgenommen hat. Die Schicht des anstehenden Bodens stammt demnach aus der Spätphase der letzten Eiszeit. Der Sand, aus dem die Schicht besteht, scheint in der Jüngeren Dryaszeit (10.730–9.700 v. Chr.) aufgeweht worden zu sein. Die darunterliegende Schicht (in der sich die Hölzer befunden haben) sei eine typisch eiszeitliche Flussschwemmlandschaft und stamme aus dem Allerød-Interstadial (11.400–10.730 v. Chr.). Dementsprechend müssten die Hölzer ein Alter von etwa 13.000 Jahren haben. Eine Einschätzung, welche Grabungsleiter Lodemann für „ziemlich sicher“ erachtet, aber noch durch eine Baumringdatierung bestätigt werden muss.
Der Umgang mit dem jahrtausendealten Holz stellt alle Beteiligten vor einige Herausforderungen: Die Stämme sind zwar in Form und Struktur gut erhalten, doch sind sie durch die langanhaltende Feuchtigkeit weitaus empfindlicher als „frisches“ Holz – ein Umstand welcher sich speziell beim Freikratzen der umliegenden Schwemmsandschichten bemerkbar macht und besondere Vorsicht bei der Arbeit nötig werden lässt. Weiter ist der gute Erhaltungszustand der Objekte dadurch bedingt, dass diese durch Wasser und Sand von Sauerstoff abgeschirmt und so vor Zersetzung bewahrt wurden. Für den Umgang mit ihnen bedeutet das, dass bis die Stücke eingehend präpariert worden sind, jeder unnötige Luftkontakt vermieden werden muss. Stämme und Fragmente müssen dementsprechend in luftdichte Folie eingewickelt in Wasser gelagert werden.